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AUSSTELLUNG – PATRICK ALT „DU BIST DA“

Eröffnung: 14. März 2020, 16:00 – 22:00 Uhr; 15. – 28. März Öffnungszeiten nach Vereinbarung, Friedrichstrasse 5a, St. Georgen

Patrick Alt ist Maler. Was aber sind heute die malereiimmanenten und technischen Stil-, Motiv- oder Darstellungsfragen? Wie ist selbstkritisch mit der Gattungsgeschichte Malerei umzugehen? Welche bildschöpfenden Handlungen scheinen heute nach Jahrzehnten der kritischen Selbstbezüge noch legitim – ja, zeitgenössisch?

Der Künstler geht in seiner Arbeit stets von persönlichen inneren und äußeren Motiven aus, setzt sich in seiner Arbeit aber ebenso intensiv mit Fragen, was der Maler heute noch leisten kann und was heute wie darstellungswürdig ist, auseinander. Seine Bildsprache umfasst dabei sowohl figurativ-narrative Ausdrucksweisen als auch abstrakt-konzeptuelle Elemente. Mit diesem Anspruch sind während seiner vierwöchigen Residenz in St. Georgen sechs groß- und vier kleinformatige Gemälde entstanden, die in der Ausstellung „Du bist da“ präsentiert werden.

Es begann, als Patrick Alt auf einem seiner Streifzüge durch St. Georgen eine Katze begegnete, die überraschend seine Aufmerksamkeit erregte. Vielleicht, weil sie im Grau in Grau des winterlichen St. Georgens einen rot-orangenen Farbfleck darstellte, vielleicht, weil er Katzen schon immer irgendwie mochte, sie ihm vertraut sind. Das Tier zog ihn in seinen Bann. So kam es, dass ihm Katzen motivisch zum Begleiter der vergangenen Wochen wurden und ihren Weg auf seine Leinwände fanden.

Dort sind sie mal in konkrete, mal nur angedeutete Landschaften, in denen räumliche Fragmente dem betrachtenden Auge Halt geben, eingebettet. Daneben nur schematisch ausgearbeitete Sequenzen, in denen die malerische Geste dominiert. Nach kätzischer Art haben es sich die Tiere in diesen Bildräumen wie selbstverständlich gemütlich gemacht. Sie flanieren oder durchstreifen die Leinwand. Dabei nehmen sie mal die Rolle des künstlerischen Alter Egos ein, wirken geradezu menschlich und blicken als kritischer Beobachter aus der Leinwand zurück; noch im Malprozess auf den Künstler selbst, gleichsam mit ihm in Zwiesprache gebannt, oder in der Ausstellung auf die BetrachterInnen. Ein andermal scheint der Künstler in der Katze einen Komplizen gefunden zu haben: Sind die zart gemalten Gesten rund um das Tier das Werk eines verspielt-kratzbürstigen Vierbeiners oder die des Malers? Gehören die in dem skripturalen Duktus erkennbaren Wesen zu Traumbildern der Katze oder des Malers? Sind sie Teil einer personifizierenden Projektion auf das Tier?

Fest steht, aus den Tieren, ihrem jeweiligen malerischen Umfeld auf den Leinwänden und dem Maler ist eine Symbiose entstanden. So geht es in der aktuellen Werkserie auch um die entstandenen Reibungen zwischen dem Maler und seinem Motiv. Es wird deutlich, dass die Suche nach der im konkreten Kontext ‚richtigen‘ Form und nach einem guten, zeitgenössischen Bild eine körperliche Erfahrung ist, die ebenso an die eigene Substanz geht, wie an die Substanz der Motive. Ein Akt, der projektiv und affektiv zugleich ist. Dabei von einer Dynamik bestimmt wird, die sich auf alle Beteiligten ausdehnt.

Die Leinwände seiner neuen Werkserie sind also nicht als Genrebilder und die Katzen nicht als rein motivische Abbilder zu lesen. Auch erklären die den Tieren oft symbolisch zugeschriebenen Eigenschaften, wie Freiheitsliebe oder Eigenwilligkeit, die Bilder nur zum Teil. Zugleich sind sie kein willkürlicher Anlass für die durchaus freien Setzungen von Farben, Konturen, Flächen und Gesten, die sich „in der Katze“ und um die Katze herum ausbreiten. Ihr als Motiv steht die Malerei selbst gegenüber. In diesem Sinne weisen Alts Katzen über sich hinaus. Ist die Malerei oder die Katze die wahre Protagonistin der Leinwand?

Der Ausstellungstitel „Du bist da“ beschreibt diese Dreiecksbeziehung: Maler-Motiv-Malerei. Alle sind da und haben sich in die Gemälde eingeschrieben. Die Katze ist Anlass und Schauplatz für die Malerei zugleich. In ihr und anlässlich ihr trifft alles zusammen. Der Maler findet die Formen auf der Fläche im Zuge der Darstellung der Katze und trotz der Darstellung der Katze.

So wird dieser Ort des Seins, der Präsenz als höchst fragil charakterisiert. Hier finden „Dinge“ statt, schrieb der Künstler unter die Skizze der Einladungskarte, hier sind Maler, Motiv und Malerei von Bewegung erfasst, sind ambivalent und mehrdeutig. In dem Dazwischen von jetztzeitlichen Gestaltungsentscheidungen des Malers und dem historisch gefestigten Bilderbe trifft beides zur formfindenden Aushandlung aufeinander. Form-Sein, Da-Sein wird zu einem existenziellen Thema zwischen der potenziellen Präsenz des Darstellungsgegenstandes und der unvermeidbaren Abstinenz des Dargestellten. In der graduellen Abstraktion entsteht ein ambivalentes Spiel der Verborgenheit des Figurativen. Neben das selbstverständliche Da-Sein reiht sich das Nicht-Da-Sein. Die zunächst so banal anmutende Äußerung „Du bist da“ offenbart hier ihre Doppelbödigkeit.

Folgen BesucherInnen schließlich der Einladung zur Ausstellungseröffnung im Kunstverein Global Forest, sind auch sie „da“. Sie werden zugleich zu passiven Zeugen oder dürfen sich aktiv in das Beziehungsgeflecht einbringen.Das Residenzprogramm des Kunstvereins Global Forest wird maßgeblich durch den „Innovationsfond Kunst“ des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert sowie  von „Kundo XT“, „Gruppe Drei“, „Ah&Oh Digital Begeistert“ sowie unseren Mitgliedern und Förderer unterstützt.

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