Heidenei: Tintin Patrone beim ResonanzLab
Wann: 1. November 2024 – voraussichtlich 28. Februar 2025, weitere Aktionen im Verlauf des Jahres
Wo: Friedrichstraße 5a, 78112 St. Georgen
Seit dem 1. November ist sie eingezogen: Tintin Patrone ist die Residenzkünstlerin des ResonanzLabs im Kunstverein Global Forest!
Wir stellen vor: Tintin Patrone
Mit großer Freude möchten der Kunstverein Global Forest und das ResonanzLab hiermit Tintin Patrone als Gewinnerin der Ausschreibung des ResonanzLabs zum Thema ‚Klimaangst‘ in St. Georgen willkommen heißen.
Ziel der Residenz ist es, eine Reihe von partizipatorischen Aktivitäten in der Vierländerregion Bodensee zu entwickeln und diese an verschiedenen Orten zu präsentieren. Die notwendige Infrastruktur wird in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern gestaltet.
Die Künstlerin
Christina Köhler, bekannt als Tintin Patrone, ist eine deutsch-philippinische Klang- und Performancekünstlerin. Sie beschäftigt sich mit den Verbindungen zwischen Musik, Kunst, Klang und experimenteller Gestik. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeiten liegt auf den visuellen Aspekten von Musik, der Spannung zwischen konzeptionellen Ideen und physischer Existenz sowie unserer individuellen und gesellschaftlichen Beziehung zur Musik.
Durch den Einsatz von Robotern und Künstlicher Intelligenz in ihrer Kunst stellt Tintin Patrone traditionelle Vorstellungen von menschlicher Subjektivität und physischer Präsenz infrage. Mit diesen technologischen Elementen zielt sie darauf ab, über veraltete Konzepte von „menschlicher Natur“ hinauszugehen und neue Perspektiven zu fördern, die sich parallel zu zeitgenössischen wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen weiterentwickeln.
Tintin Patrone studierte Kunst bei Haegue Yang, Asmus Tietchens, Isaac Julian, Matti Braun, Markus Löffler and Andre Korpys an der HFBK Hamburg, gründete 2009 das Noise-Ensemble Krachkisten Orchest und 2012 das regelmäßige Klangkunst- und mobile Soundsystem-Event International MusicMotorcycleClub. Seit 2018 ist sie Teil des Performance-Kollektivs The Ambassadors of Disappointment in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Zentrum in Guadalajara, Mexiko. Im Jahr 2021 betrieb sie ein fiktives asiatisches Restaurant namens DEUTSCHES REIS, das experimenteller Musik und ungewöhnlichen Speisen gleichermaßen Raum gab.
Heidenei!
Das Wort „Heidenei“ mag bislang bekannt sein als umgangssprachliche Redewendung, die einem Moment der Überraschung, der Verwunderung oder auch der Empörung Ausdruck verleiht. In Tintin Patrones Resonanz-Projekt wird „Heidenei!“ zu einer modernen Adaption des schweizerischen Alpsegens, eines alten Schutzrituals, bei dem Hirten durch lauten Gesang um göttlichen Schutz für Vieh und Umgebung bitten. Traditionell wird dieser Alpsegen am Ende des Tages von einem erhöhten Ort gerufen, sodass der Schall weit in die Umgebung getragen wird und damit seine schützende, magische Wirkung entfaltet. Die rituelle Akustik fungiert so als eine Art Schutzbarriere, die Gefahren wie wilde Tiere, Stürme oder negative Energien fernhalten soll.
„Heidenei“ greift diesen Gedanken auf, doch statt die Tradition zu wahren, zielt das Projekt auf die Entwicklung neuer, zeitgemäßer „Cover-Versionen“ des Alpsegens. Durch die Zusammenarbeit mit lokalen Sänger:Innen und Vokaltalenten wird die Stimme als zentrales Element des Schutzes experimentell neu erforscht und erweitert.
Mit einem empathischen und zugleich offenen Blick auf die emotionalen Resonanzen angesichts der aktuellen Klimakrise möchte die Künstlerin Tintin Patrone in Zusammenarbeit mit den Anwohner:Innen der Dreiländerregion verschiedene künstlerische Aktionsszenarien entwickeln. „Heidenei!“ fordert dazu auf, den Gedanken des Schutzes durch Schall in einer sich wandelnden Welt neu zu denken und die moralischen Dilemmata rund um technologische und ökologische Krisen zu reflektieren.
Die neuen Arbeiten werden mit interessierten Kindern und Jugendlichen aus der Region gemeinsam entwickelt, ihre Gedanken zum Thema „Klimaangst“, „Schutzrituale“ und „Stimme und Präsenz“ sollen in die Musik einfließen und dazu anregen, den gegebenen ökologischen Herausforderungen mutig zu begegnen.
Die Recherchen vor Ort werden durch Gespräche mit Musiktherapeut:Innen, Wissenschaftler:Innen und Student:Innen der Universität Furtwangen und ZHAW Zürich ergänzt.
Das ResonanzLab
Das ResonanzLab ist ein Kooperationsprojekt der Hochschule Furtwangen (HFU), der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und dem Kunstverein Global Forest.
Erforscht werden künstlerische Strategien und inklusive Kommunikationen, geteilte Gefühle, Visionen und Hoffnungen, die sich in Sprache und Klang, Ruf und Antwort, Echo und Vibration ausdrücken können: visuell, kollektiv, auditiv, vor Ort und in Bewegung. Die Residentin sowie weitere, die Forschungen ergänzende Künstler:Innen sind eingeladen, ihre Begegnungen und Erkenntnisse vor Ort zu gestalten und zu dokumentieren, wobei die mediale Umsetzung offen bleibt.
Das Projekt ResonanzLab wird gefördert vom Wissenschaftsverbund Vierländerregion Bodensee mit Mitteln des Programms Interreg VI Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein.
Infos: www.resonanzlabs.net
Foto: Irene Pérez Hernández