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INSTANDSETZUNG #2 – LEON EIXENBERGER "HESTIA´S HOUSE"

Video Screening

Klang-Komposition: Hans-Henning Korb

Lost Place & Medienkunst | Quartier | Part 2

Donnerstag, 17. Juni bis Sonntag, 20. Juni 2021
Ehemaliges Schlachthof-Areal, Burgstraße 79, 78056 VS-Schwenningen

 

Leon Eixenbergers vielschichtige und poetische Videoarbeit „Hestia’s House“, die im Rahmen seiner Künstlerresidenz bei Global Forest e.V. entstand, beschäftigt sich mit dem „Farnsworth House“, einer der Ikonen moderner Architektur, die Ludwig Mies von der Rohe (1886-1969) von 1945 bis 1951 in Plano, Illinois für die Dr. Edith Farnsworth (1903-1977) erbaute.

Als kleines Wochenendhaus geplant und just außerhalb Chicagos auf einem großen Grundstück am Fox River gelegen, sollte das „Farnsworth House“ der Ärztin Edith Farnsworth als Rückzugsort in der Natur dienen. Die auf Stahlstelzen gelagerte, streng reduzierte Form des Hauses aus – gemäß Mies` Diktum – ‚beinahe nichts‘ besteht im Wesentlichen aus einer umlaufenden Glasfassade und einem fast wandlosen Innenraum, in dem die verschiedenen Nutzzonen fließend ineinander übergehen. Sowohl die Struktur des Hauses als auch dessen Gestaltung sollte sich gegenüber der Natur möglichst zurücknehmen und sich in ihr geradezu ‚transparent‘ auflösen. Das Haus entspricht damit nicht mehr dem Typus eines Schutzraumes in oder vor der Natur, sondern verschmilzt mit ihm zu einer Einheit.

Trotz jahrelanger Planung und detailreicher Abstimmung zwischen dem Architekten und der Bauherrin stellte sich das Haus für sie als quasi nicht bewohn- oder nutzbar heraus. Einerseits wurde das Haus regelmäßig vom Fox River überschwemmt, barg klimatische Probleme und war dahingehend dysfunktional. Andererseits forderte die Eingliederung des Innenraumes in die Naturlandschaft des Flussgrundstückes die vollkommene Preisgabe (des Privaten); anstelle eines Gefühls von Ruhe, scheint sich Edith Farnsworth permanentem Voyeurismus, ja, permanent aus der Natur hereinfließenden Eindrücken ausgesetzt gefühlt zu haben.

Leon Eixenberger greift in seinem Video die Elemente Mies` Farnsworth Projektes auf. In poetisch zueinander stehenden Bild-, Klang- und Dialogsequenzen begegnen BetrachterInnen drei Figuren der griechischen Mythologie: Hestia, der Göttin des Familien- und Staatsherdes (Feuer), Helios, dem Sonnengott und Archelous, der Personifikation des Flusses. Ihr jeweiliges (Beziehungs-)verhältnis zueinander, ja ihre Dreiecksbeziehung, erzählt von der Ambivalenz gegenseitiger Bedingtheit, bis hin zur Selbstaufgabe, sowie von geradezu existenzialistischer Abgrenzung zur Wahrung der eigenen Identität.

So kann „Hestia`s  House“ als kleine Parabel gelesen werden, vordergründig als Reflexion über Baufragen im Verhältnis zur Natur und zum menschlichen Körper. Es wirft zugleich jedoch auch Fragen über Genderdebatten in der Konstruktion und Organisation von Lebens-, Wohn- und Nutzraum auf.

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